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Vom Pornokino zum Musentempel

Das Gloria-Theater in der Apostelnstraße feiert seinen zehnten Geburtstag
Artikel QUEER April 2001 von Ute Emmerich
(Bilder von der Geburtstagsgala am 27.04.01)

Wanda Rumor
Schon seit Jahrzehnten ist das Gloria in Köln eine feste Institution. Ursprünglich war es ein Pornokino - holzgetäfelt, mit festen Sitzreihen und steriler Atmosphäre. Seit 10 Jahren hat es sich zur beliebten Veranstaltungs- und Partylocation gemaustert. Vor exakt einem Jahrzehnt, am 5. April 1991, eröffneten Reiner Büchel und Stephan Dick ihr Gloria-Theater. Von damals geblieben ist nur der Name und die Farbe rot, die wie ehedem den Saal dominiert. 
Seither finden hier regelmäßig Konzerte, Theaterproduktionen und Comedyabende statt. Zu jeder Session erfreut die "Rosa Sitzung" die lesbisch schwulen NärrInnen. Stars wie Gloria Gaynor, k.d.lang, Gaby Köster, Goergette Dee, Ralph Morgenstern, Hape Kerkeling, Nina Hagen, Mary Roos - sie alle stehen immer wieder gerne auf der Bühne des Gloria.
Helmut Sohnle ist seit sechs Jahren das "Mädchen für alles", verantwortlich für Programm und Pressearbeit. Sein Ziel ist es, den Kulturbetrieb weiter auszubauen: "Derzeit planen wir eine Eigenproduktion mit einem festen Ensemble, die vier bis fünf mal pro Woche spielen soll. An den anderen Abenden wird es weiterhin Gastspiele oder ähnliches geben."

v.l.n.r.
die Heumarktstory mit:

Stephan Runge, Laurent Daniels, Wanda Rumor, Claus Vincon
Nicht zuletzt aufgrund der guten Atmosphäre im Haus wurden hier zwischen KünstlerInnen viele Freundschaften geschlossen und es entstanden neue, spannende Zusammenarbeiten: So entdeckten bei einem fröhlichen Umtrunk Hella von Sinnen, Marion Radtke und Helmut Sohnle ihre gemeinsame Leidenschaft für Hildegard Knef und entwickelten das sehr persönliche Programm "Eins und Eins macht Zwei".
Für viele KünstlerInnen dient das Gloria als Sprungbrett: "Rosenstolz spielte hier in den Anfangszeiten regelmäßig, zum Teil vor nur 30 ZuschauerInnen", erinnert sich Sohnle. "Aber Anna und Peter bewiesen Durchhaltevermögen, heute füllen sie große Hallen und halten uns nach wie vor die Treue."

Mayo Velvo

Auch Gay Impro Cologne, Kölns lesbisch-schwule Theatersportgruppe, unternahm hier ihre ersten Gehversuche und gehört seit mittlererweile zwei Jahren zum festen Bestandteil des "Köln Comedy Festivals". Für dieses Hapening ist das Gloria einer der Hauptveranstaltungsorte, ebenso wie für die Popkomm.
Mittlererweile beherbergt das Theater in der Apostelnstraße die unterschiedlichsten Veranstaltungen: Bündnis 90/Grüne und Queer feierten die ersten Erfolge in Sachen Homo-Ehe. Kölner Literatur-Haus und Deutsche Welle halten regelmäßig Lesungen ab. Und immer wieder stellt Sohnle das Haus für Benefizveranstaltungen etwa für die Aids-Stiftung und Aids-Hilfe Köln zur Verfügung. Oft dient das Haus als Kulisse für Krimis, Kinofilme und TV-Produktionen wie "Tatort" und "Der bewegte Mann".
Trotz aller Kultur  - dass das Gloria schon länger kein Pornokino mehr ist, hat sich offenbar noch nicht überall herumgesprochen: "Immer wieder", erzählt Sohnle, "schleichen sich am ersten Freitag im Monat, wenn's im Altersheim Taschengeld gegeben hat, ältere Herren um die 70 an die Bar, um hinter vorgehaltener Hand zu fragen, was für ein Film denn am Abend läuft. Wenn sie erfahren, dass sie bei uns falsch sind, schweben sie zwischen Schock und totaler Frustration. Immer wieder leisten wir dann "Erste Hilfe", spendieren Kölsch und Korn oder laden sie in unsere Veranstaltungen ein. Wenn das alles nicht hilft, geben wir auch Tipps, welche Kinos in der Nähe noch die entsprechenden Filme zeigen.